Es gibt Formulierungen in Stellenanzeigen, die könnten unter Umständen richtig teuer werden. Der Hintergrund: Manche dieser Formulierungen betrachtet das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) als diskriminierend. Abgelehnte Bewerber könnten deswegen auf Entschädigung klagen. Erfahren Sie hier, wie sie eine Diskriminierung in Stellenanzeigen vermeiden.
Das gefährliche Stellenangebot
Manch ein Personaler reibt sich gelegentlich verwundert die Augen: Gerade hat er eine geschlechtsneutrale Stellenanzeige geschaltet, gesucht wurde einer/n Assistentin/Assistenten der Geschäftsleitung. Doch es stand ein Zusatz dabei, auf den sich plötzlich eine Klage bezieht: Der- oder diejenige sollte deutsche/r Muttersprachler/in sein. Schon damit hat der Personalchef gegen das AGG verstoßen. Dieses schreibt nämlich vor, dass niemand durch “Auswahlkriterien oder Einstellungsbedingungen“ benachteiligt wird. Daher dürfen Stellenanzeigen auf folgende Faktoren niemals Bezug nehmen:
- Geschlecht
- ethnische Herkunft
- Behinderung
- Religion und Weltanschauung
- Alter
- sexuelle Identität
Wenn also ein Personalchef beim Recruiting einen deutschen Muttersprachler sucht, wendet er ein Kriterium an, das nur auf die Herkunft, nicht aber auf die Sprachkenntnisse abzielt. Das urteilte schon vor einiger Zeit das Landesarbeitsgericht Hessen (nachzulesen unter Aktenzeichen 16 Sa 1619/14). Damals hatte ein russischer Muttersprachler mit guten Deutschkenntnissen wegen seiner abgelehnten Bewerbung geklagt. Dabei war die Intention der Stellenanzeige durchaus nachvollziehbar: Es ging nämlich um die Stelle einer Bürohilfe, die einem Redakteur für das Redigieren eines (deutschsprachigen) Buches zur Seite stehen sollte. Doch das interessiert im Sinne des AGG nicht. Bei Stellenanzeigen ist daher grundsätzlich Vorsicht geboten.
Welche Gefahr droht wegen einer (vermeintlichen) Diskriminierung in Stellenanzeigen?
Die eindeutige Gefahr ist immer eine Klage von abgelehnten Bewerbern. Dabei muss die Ablehnung selbst nicht mit einer unpassenden Eigenschaft begründet werden, die im Sinne des AGG kein Grund für die Ablehnung sein darf. Es genügt, wenn die Anzeige dementsprechend formuliert war.
Selten denken sich die Personaler etwas Böses dabei. Doch ihre Gedankengänge können sie nicht nachweisen. Daher schafft das AGG einen eindeutigen Rechtsrahmen. Für die Klage genügt das Indiz, dass Bewerber nach nicht zulässigen Kriterien ausgewählt werden. Durch das unglücklich formulierte Stellenangebot liegen die Indizien eindeutig vor. Die Beweislast, dass keine Diskriminierung beabsichtigt war, trüge der Stellenausschreiber.
Diesem dürfte der Beweis so gut wie nie gelingen, wenn eines der oben genannten Kriterien in der Stellenanzeige als notwendige oder auch nur wünschenswerte Voraussetzung auftaucht. Der klagende abgelehnte Bewerber kann zwar seine Einstellung nicht gerichtlich durchsetzen, doch bei einem Erfolg vor Gericht kann er auf eine Entschädigungszahlung von maximal drei Monatsbruttogehältern hoffen. Es gibt Anwälte, die solche Fälle sehr gern übernehmen.
Welche Formulierungen in Stellenanzeigen könnten beispielsweise heikel sein?
Das Unternehmen muss gar nicht explizit auf eine Altersgrenze oder eine andere spezifische Eigenschaft verweisen. Es könnte ganz harmlos seine Wünsche äußern. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Herrenausstatter “einen Verkäufer mit mehr- oder gar langjähriger Branchenerfahrung” sucht. Wenn nun eine 20-jährige junge Frau abgelehnt wird, könnte sie auf die Indizien betreffs der Suche nach einem etwas älteren Mann verweisen, denn “ein Verkäufer” (noch dazu im Herrenausstatter) ist männlich, bei langjähriger Branchenerfahrung muss er etwas älter sein. Diese Indizien genügen einem Gericht. Das Fachgeschäft müsste nachweisen, dass die junge Frau aus rein fachlichen Gründen nicht ausreichend geeignet war. Das ist schwer. Weitere heikle Formulierungen wären unter anderem
- „jung und dynamisch“ (als gewünschte Eigenschaft von Bewerbern),
- “Junior Consultant“ (richtet sich nur an junge Leute),
- “mit erster Berufserfahrung”,
- “Muttersprachler” sowie
- “Verkäuferin” oder “Maschinist” (nicht geschlechtsneutral).
Wie sollte ein Stellenangebot grundsätzlich formuliert werden?
Als Faustregel gilt: Formulierungen in Stellenanzeigen sollten möglichst neutral bleiben. Wie kann das gelingen? Experten empfehlen, die Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen. Das Anforderungsprofil soll objektiv messbaren Kriterien entsprechen und natürlich zum angebotenen Job passen. Es ist beispielsweise überflüssig, dass ein Gabelstaplerfahrer fließend Englisch spricht. Nur in Ausnahmefällen, die das AGG in § 8 nennt, ist eine Bevorzugung bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern (wie Männer, Frauen oder bestimmte Altersgruppen) zulässig, wenn die Art der Tätigkeit relativ zwingend eine dieser Eigenschaften verlangt. Der § 9 AGG erlaubt sogar das Bevorzugen bestimmter religiöser Gruppen – wenn beispielsweise eine christliche Religionsgemeinschaft eine Stelle zu vergeben hat und Bewerber mit christlichem Glauben sucht. Diese Ausnahmen behandelt derzeit allerdings noch der EuGH, der sich noch nicht abschließend dazu geäußert hat.
Weitere Fehler neben der Diskriminierung in Stellenanzeigen
Auch neutral formulierte Stellenanzeigen können zu einer Klage führen, wenn sie nicht der Bundesagentur für Arbeit gemeldet wurden. Diese sorgt dafür, dass Schwerbehinderte ebenfalls Zugang zum ausgeschriebenen Job haben. Ein entsprechender Passus findet sich im Sozialgesetzbuch. Demnach sind Arbeitgeber verpflichtet, die Möglichkeit der Besetzung von freien Stellen mit Schwerbehinderten zu prüfen. Hierzu müssen sie zwingend die Agentur für Arbeit informieren – ansonsten droht eine Klage von Schwerbehinderten.