Das Talent Relationship Management (TRM) befasst sich mit der Pflege von Beziehungen zu Talenten – intern und extern. Es dient der Personalgewinnung und -bindung. Lesen Sie in diesem Artikel, welche Methoden es hierfür gibt und wie der gesamte Prozess abläuft.
Talent Relationship Management: Definition und Hintergrund
Die Unternehmen gehen heute neue Wege beim Recruiting und generell im HR-Management. Die frühere Post-and-pray-Methode gilt als überholt. Dabei schalteten Unternehmen lediglich Stellenanzeigen und warteten dann auf passende Bewerber, mit denen sie einen standardisierten Auswahlprozess durchführten. Wer nicht eingestellt wurde, galt anschließend auch nicht mehr als interessant. Doch unter den abgelehnten Kandidaten gibt es viele Talente, die einfach nicht eingestellt werden konnten, weil es für eine Stelle mehrere passende Bewerber gab. Es lohnt sich auf jeden Fall, zu diesen Kandidaten den Kontakt zu halten.
Des Weiteren gibt es unter den Beschäftigten des Unternehmens Talente, die sich für eine Führungsposition eignen, die vielleicht demnächst zu besetzen ist. Mit beiden Gruppen ist das Talent Relationship Management (TRM) befasst. Im Wortsinn managt es die Beziehungen zu diesen Talenten. Die entsprechenden Kandidaten werden mit verschiedenen Maßnahmen und zukunftsorientiert an die Firma gebunden.
Die übergeordnete Aufgabe des TRM ist das umfassendere Talent Management, das unter anderem auch Fortbildungen und Karrierewege organisiert. Beim TRM geht es um die Pflege der Talent-Datenbank und um die Gewinnung von Talenten. Primär soll eine aktive Beziehung zwischen dem Unternehmen und den Talenten aufgebaut werden. Hierfür gibt es mehrere Kontaktpunkte. Die potenziellen Kandidaten für einen Talente-Pool sind Hochschulabsolventen, ehemalige Praktikanten, Fachkräfte in fester Anstellung bei einer anderen Firma, eigene Angestellte und ehemalige Bewerber, die mangels Vakanz nicht eingestellt werden konnten.
Worum geht es beim systematischen Talent Relationship Management?
Der Hauptzweck besteht darin, das Recruiting zu vereinfachen und zielgerichteter zu gestalten sowie bei Personalengpässen auf einen Talent-Pool zugreifen zu können. Wenn eine Stelle neu zu besetzen ist, sucht der Personaler zuerst in dieser Datenbank und spricht (schreibt) potenzielle Kandidaten an. Die Methode wird durch den wachsenden Fachkräftemangel immer bedeutsamer. Die gute alte Stellenanzeige gibt es natürlich nach wie vor, auch wenn sie vielfach auf Online-Portalen erscheint, drittens kommt immer häufiger Active Sourcing zum Einsatz. Dabei suchen Personaler gezielt auf Karriereportalen wie Xing und LinkedIn oder in sozialen Netzwerken nach Talenten und sprechen sie an. Active Sourcing wurde ebenfalls erst durch den zunehmenden Fachkräftemangel wirklich bedeutsam. Noch vor 20 Jahren wäre dieses Vorgehen für viele Personalchefs undenkbar gewesen. Damals galt grundsätzlich, dass das Unternehmen eine Stellenanzeige schaltet und sich nur mit Kandidaten befasst, die sich auf diese Anzeige melden. Beim TRM nun ist zwischen internem und externem Vorgehen zu unterscheiden:
- Das interne TRM richtet sich an die eigenen Mitarbeiter. Auch sie sollen an das Unternehmen gebunden werden, zumal sie möglicherweise einmal aufsteigen könnten. Ihre Zufriedenheit soll unter anderem durch Workshops und Weiterbildungen steigen.
- Beim externen TRM knüpft die Personalabteilung Kontakte zu externen Kandidaten. Das Ziel ist es, einen dauerhaften Kontakt aufzubauen und diese Personen in den eigenen Talent-Pool aufzunehmen. Dem müssen sie aus datenrechtlichen Gründen zustimmen. Außerdem stellt sich das Unternehmen den externen Kandidaten gegenüber als optimaler Arbeitgeber dar, es betreibt also Employer Branding. Im günstigsten Fall äußern die externen Talente zu einem späteren Zeitpunkt von sich aus den Wunsch, ins Unternehmen einzusteigen.
Phasen der Personalgewinnung per TRM
Man strukturiert den Prozess der Personalgewinnung per TRM in drei Phasen. Diese sind 1. die Identifikation und 2. die Bindung von Talenten, 3. folgt die Besetzung der Vakanz. Bei neuem Personalbedarf wiederholt sich dieser Prozess.
Phase 1 Identifikation:
Für die Identifikation gibt den Weg über die eigene Talente-Datenbank, über Stellenanzeigen und über die aktive Suche auf anderen Portalen wie beschrieben. Auch die Möglichkeit der Selbstregistrierung von Interessenten auf der Firmenhomepage wird gern genutzt. Des Weiteren besuchen Personaler gern Hochschul- und Karrieremessen. Dort können sich Talente vor Ort beim Unternehmen registrieren lassen.
Phase 2 Bindung:
Talente identifizieren verlangt Know-how, Talente zu binden verlangt Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen. Daher gilt die Bindungsphase als Königsdisziplin. Personaler nutzen hierbei situations- und personengerecht variable Zeiträume sowie mehrere Kontaktpunkte. Sie sprechen die Talente zunächst an, dann halten sie den Kontakt so aufrecht, wie es die Gegenseite wünscht bzw. akzeptiert. Manch ein Mensch lässt sich monatliche Newsletter schicken, ein anderen kommt auch mal zum Tag der offenen Tür ins Unternehmen, einige Talente sind sehr kommunikationsstark und telefonieren gern. Grundsätzlich ist zwischen der Bindungsphase bei externen und internen Kandidaten zu unterscheiden.
Die internen Kandidaten sind naturgemäß schon an das Unternehmen gebunden, doch auch bei ihnen lohnt es sich, sie gelegentlich daran zu erinnern, dass man sehr an ihnen interessiert ist, dass sie durchaus für eine Führungsposition infrage kommen und dass man ihnen gern Weiterbildungen anbieten möchte. Das Unternehmen muss sich ihnen gegenüber positiv positionieren. Ein Mittel hierfür ist, dass sie einen persönlichen Ansprechpartner erhalten (in der Regel der Personalchef oder jemand aus der Personalabteilung, der/die für diese Art von Kommunikation zuständig ist).
Externe Kandidaten erhalten dadurch das Gefühl, dass sie schon teilweise zum Unternehmen gehören oder jedenfalls so behandelt werden. Sie treten dann auch von sich aus offen an das Unternehmen heran. Damit erhalten sie authentische Einblicke in die Firma. Die Bindungsphase ist daher für beide Seiten die Kennenlernphase. Wenn sie positiv verläuft, schafft sie großes Potenzial für eine Zusammenarbeit. Das ultimative Ziel wäre, dass sich das Talent von sich aus beim Unternehmen bewirbt.
Phase 3 Besetzung der Vakanz:
Auch innerlich an das Unternehmen gebundene Kandidaten lassen sich nicht ohne Weiteres einstellen. Der Recruiter wird im ersten Schritt die am besten geeigneten Kandidaten in eigenen Datenbank ausfindig machen und die gefundenen Kandidaten danach direkt ansprechen. Die Art des Kontakts ergibt sich wiederum situationsbedingt. Er kann per E-Mail, Telefon oder auch Nachricht auf dem Karriereportal XING stattfinden. Wenn das Angebot einer Zusammenarbeit auf Gegenliebe stößt, erhält das Talent mehrere personalisierte Job-Angebote. Bei mögliche Neubesetzungen wird es ebenfalls schon gleich zu Anfang informiert. Den Abgleich der eigenen Talente-Datenbank mit offenen Stellen nehmen Softwaretools vor. Sie gleichen Stellenanforderungen und Persönlichkeitsprofile mit speziellen Algorithmen ab. Es geht schließlich nicht nur um die Eignung für die Stelle, sondern auch um das mögliche Eintrittsdatum, die Gehaltsvorstellungen des Kandidaten und seine Entfernung zum Standort.
Fazit zum Talent Relationship Management
Mit dem TRM begegnen die Unternehmen den ausbleibenden Bewerberfluten. Sie ergreifen zukunftsorientierte Maßnahmen, mit denen sie Talente finden und binden. Das sichert den Geschäftserfolg auch für die Zukunft ab. Gleichzeitig beweisen Firmen, die so vorgehen, dass sie den Wert von fähigen, talentierten Mitarbeitern zu schätzen wissen. Das wiederum erkennen diese Mitarbeiter. TRM hat viele positive Nebeneffekte. So wird ein abgelehnter Bewerber, den man bezüglich der Aufnahme in die firmeneigene Talente-Datenbank abspricht, nicht mehr seinen Frust über die Absage in sozialen Medien äußern. Etabliertes TRM stärkt daher langfristig auch das Employer Branding.