Eine Candidate Persona ist eine idealtypische Vorlage für den perfekten Bewerber. Die Entwicklung dieser Vorlage verhilft Unternehmen dazu, sich über ihre Vorstellungen von Bewerbern Klarheit zu verschaffen. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie dabei vorgehen.
Warum ist die Candidate Persona wichtig?
Wer nicht weiß, wonach er eigentlich suchen soll, kann auch nicht fündig werden. Im Recruiting gehen Personaler daher mit einer Eingrenzung auf das “zu Findende“ vor. Sie entwerfen Stellenprofile und Zielgruppendefinitionen, die auf Ist-Zuständen und ihrer durch die Vergangenheit geprägten Erwartungshaltung basieren. Wenn sich daraus ein Anforderungskatalog ergibt, der einen idealtypischen Kandidaten abbildet, ist praktisch schon die Candidate Persona gefunden.
Freilich ist das Ideal in der Praxis praktisch nie anzutreffen. Dennoch sind solche Festlegungen notwendig. Nur so lassen sich Kann- und Sollkriterien für Kandidaten festzulegen. Diese stellen für den Auswahlprozess eine unverzichtbare Entscheidungshilfe dar. Personalchefs müssen nur wissen, dass diese Tools in der Bewerberansprache an Grenzen stoßen. Wenn der Idealkandidat allein durch seine Ausbildung, seine Berufserfahrung und wesentliche Softskills definiert wird, können Recruiter die realen Kandidaten nicht mehr richtig begeistern – sie finden überall das Haar in der Suppe.
Von der Candidate Persona zur Person
Um aus dem entworfenen Idealbild eine echte, ansprechbare Person zu machen, sollten Sie sich als Recruiter vorstellen, mit einer realen Person zu sprechen. Denken Sie bei Ihrem Entwurf also nicht an eine gesichtslose Zielgruppe. Vergessen Sie für einen Moment Ihre Eckdaten zur Ausbildung und Berufserfahrung.
Kommunizieren Sie in Gedanken mit fiktiven Bewerbern, die neben ihren berufsrelevanten Kompetenzen auch ganz persönliche Eigenschaften, Vorlieben und Erfahrungen mitbringen. Diese machen erst ihre individuelle Persönlichkeit aus. Dadurch entstehen personalisierte Vertreter der angepeilten Zielgruppe. Sie können sich nun vorstellen, wie man diese anspricht.
Ein Beispiel: Wenn ein Kreativbüro einen neuen Art Director sucht, dürfte dieser bestimmte künstlerische Vorlieben haben und in seiner Freizeit möglicherweise exotischen Hobbys nachgehen. Diese müssen mit seiner beruflichen Tätigkeit nichts zu tun haben. Doch sie können die Basis für den ersten Small Talk bilden. Unter Umständen sind sie sogar für seine Stellung im Unternehmen wichtig, wenn der Kandidat zum Beispiel wegen eines exotischen Hobbys eine sehr flexible Arbeitszeit wünscht. Mit dieser Vorstellung holen Sie den Bewerber aus einer gesichtslosen und vollkommen homogenen Masse heraus. Gleichzeitig ermitteln Sie, inwieweit der Cultural Fit stimmt. Es könnte nämlich sein, dass in Ihrem Kreativbüro alle Kollegen exotische Hobbys pflegen. Der Kandidat wäre mithin in bester Gesellschaft.
Sollten Sie nun eine Candidate Persona für so eine Position entwerfen, denken Sie einfach an so einen Umstand (des exotischen Hobbys). Das Hobby selbst können Sie nicht benennen, wie auch? Es spielt wie erwähnt in seiner konkreten Ausgestaltung kaum eine Rolle für die Position. Nur dass es vorhanden ist, fließt in Ihren Entwurf mit ein. Sie gelangen damit von einer Abstraktion hin zu einer Konkretisierung und zurück auf eine neue Ebene der Abstraktion.
Candidate Persona: 4 Varianten
Primary CP: perfekt passender Kandidat (in der Praxis schwer zu finden)
Secondary CP: Kandidat, der die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt und keine entscheidenden Einschränkungen aufweist – der am häufigsten eingestellte Bewerber
Potential CP: hat das Potenzial, aber es fehlen wesentliche Skills für den Primary oder Secondary CP
Negativ CP: passt überhaupt nicht, aussortieren
Gedankenschablone als Stütze
Der Entwurf eines passenden Kandidaten ist eine gedankliche Schablone, die zweifellos das Recruiting unterstützt. Zu beachten ist aber nun, dass nicht nur der Kandidat nicht passen kann, sondern auch die Schablone vielleicht ungenügenden Überlegungen entspricht. Das wäre stets dann zu vermuten, wenn Sie bei allem Bemühen einfach keinen Kandidaten finden können, der wenigstens dem Secondary CP entspricht. Vielleicht haben Sie die Candidate Persona mit zu vielen Skills überfrachtet, vielleicht sind Ihre Ansprüche an den Cultural Fit zu hoch. Eine Schablone ist eben auch nur ein Zuschnitt nach einem Ideal-, sprich einem Wunschbild. Wir wissen alle, dass man Wünsche äußern darf, aber nicht auf ihre unbegrenzte Erfüllung hoffen kann. Wenn die Hoffnung gänzlich unerfüllt bleibt, müssen Sie vielleicht die Schablone ändern.
Der perfekte Cultural Fit durch eine Candidate Persona
Sie können bei einem gut entworfenen CP durchaus erwarten, den oder die Kandidaten mit dem bestmöglichen kulturellen Passensgrad zu finden. Darauf kommt es in vielen Bereichen mehr an als auf einige sehr spezielle Hardskills, die sich wahrscheinlich durch Weiterbildungsmaßnahmen entwickeln lassen. Sollten Sie auf dieses Modell setzen, haben Sie die Chance auf eine optimale Candidate Journey, also die Reise des Bewerbers durch Ihren Recruiting-Prozess. Dieser optimale Weg führt wiederum zu einer maximal positiven Candidate Experience, also der Erfahrung des Bewerbers mit Ihnen als Recruiter. Selbst wenn Sie die Person am Ende nicht einstellen (oder sich diese nicht einstellen lässt), wird das Ihren Ruf als Arbeitgeber stärken. Damit haben Sie nebenher etwas für Ihr Employer Branding getan.