Eine Bewerbungsabsage formuliert ein Personaler niemals gern, doch der Vorgang ist unumgänglich. Immerhin bewerben sich stets mehrere Kandidaten für eine Stelle, doch nur einer von ihnen kann sie erhalten. Erfahren Sie hier, wie Sie eine Bewewerbungsabsage richtig formulieren, dass es kein schlechtes Licht auf Ihr Unternehmen wirft.
Employer Branding: abgelehnte Kandidaten einbeziehen
Zur Bildung einer Marke als Arbeitgeber – dem sogenannten Employer Branding – gehört auch, Bewerbern sehr viel zu versprechen. Daher bieten die Unternehmen gute Gehälter, interessante Aufgaben, ein gutes Betriebsklima, eine ausgezeichnete Work-Life-Balance, Weiterbildungen und flexible Arbeitszeiten an. Das stärkt in einer Stellenanzeige ganz sicher das Image des Unternehmens und kann auch komplett stimmen, nur haben leider abgelehnte Kandidaten nichts davon.
Noch viel schlimmer und für das Employer Branding ganz sicher schädlich sind aber die Formulierungen in vielen Absageschreiben oder der generelle Umgang mit uninteressanten Kandidaten:
- Abgelehnte Bewerber erhalten ein mit Floskeln gespicktes Standardschreiben. Die Floskeln sind noch dazu unhöflich, irreführend oder einfach falsch. So heißt es oft, der Kandidaten sei für die Stelle nicht geeignet gewesen. Eine nähere Begründung hierzu fehlt. Die Aussage stimmt auch nicht, denn der Kandidat war sehr wohl geeignet – als einer von mindestens zehn bestens geeigneten Bewerbern. Der Personaler hat am Ende Lotterie gespielt und mit geschlossenen Augen eine Mappe aus dem Bewerbungsstapel gezogen. Was sollte er sonst tun? Die treffende Formulierung in der Absage hätte daher lauten müssen, dass man aufgrund der Vielzahl von Bewerbungen vielen hoffnungsvollen Kandidaten absagen musste, darunter “leider auch Ihnen”.
- Rückmeldungen aus dem Personalbüro können sehr lange dauern. Davon sind in manchen Unternehmen alle Bewerber betroffen, selbst diejenigen, die nachher eingestellt werden.
- In vielen Fällen erfahren die Bewerber gar nichts. Die Arbeitgeber sind zu einer Rückmeldung nicht verpflichtet, also verzichten gleich ganz darauf.
Was bewirkt eine unhöfliche Bewerbungsabsage?
Nun, im Sinne der Stärkung der Arbeitgebermarke ist sie höchst kontraproduktiv. Sie löst Wut und Frust aus. Beide Gefühle wollen sich Luft machen, was heutzutage online auf Karriereportalen geschieht. Dort äußern sich unhöflich abgelehnte Kandidaten sehr harsch über die Firma und streichen heraus, dass dieser Arbeitgeber wohl sein wahres Gesicht gezeigt habe und man von einer Bewerbung dort nur abraten könne. Das darf einen Personalchef nicht kalt lassen.
Der gute Ruf als Arbeitgeber ist schwer aufzubauen, geht aber blitzschnell verloren. Die negative Rezension liest auch ein Kandidat, den man sehr gern eingestellt hätte. Dieser wird abgeschreckt und bewirbt sich nicht. Der übergroße Frust bei solchen rüden Absagen resultiert vorrangig aus der Inkongruenz zwischen den vollmundigen Versprechungen des Unternehmens und dem tatsächlichen Auftritt in einem konkreten, praxisrelevanten Vorgang.
Da alle Menschen vollmundige Werbeversprechen kennen, ordnen sie diesen Arbeitgeber fortan in die Kategorie der Dampfplauderer oder gar Täuscher, Lügner und Betrüger ein. Schädlicher geht es nicht mehr. Unternehmen müssen heute beachten, dass sich schlechte Nachrichten viral enorm verbreiten können. Ein Shitstorm ist schnell ausgelöst, zu bremsen ist er nicht. Der Reputationseinbruch ist nur sehr mühselig, langwierig und teuer wieder zu beheben.
Am verheerendsten wirken sich Kritiken auf Bewertungsportalen wie Kununu und Glassdoor oder auf dem firmeneigenen Facebookauftritt aus. Das sind die neuralgischen Punkte, an denen sich potenzielle Kandidaten zuerst über ein Unternehmen informieren. Wie viele interessante Bewerber den Unternehmen dadurch entgehen, lässt sich nur schätzen. Die Hay Group hat evaluiert, dass knapp 50 % aller Unternehmen unglückliche Absageschreiben verschicken.
Wie sollte also eine Bewerbungsabsage formuliert werden?
Zunächst einmal sollten Personalchefs grundsätzlich ihr Tempo bei den Rückmeldungen erhöhen. Sie könnten beispielsweise auf Online-Bewerbungen eine automatisierte Antwort senden, die den Kandidaten konkret mitteilt, wann sie mit einer Antwort auf ihre Bewerbung rechnen können. Das ist vollkommen realistisch: Es lässt sich bei einem bestimmten Aufkommen an Bewerbungen relativ exakt berechnen, wann mit einem neuen Bewerber ein Gespräch geführt werden könnte und wann seine Bewerbung so weit geprüft wurde, dass er überhaupt zum Gespräch eingeladen wird oder eine Absage erhält. Diese Antwort erwarten die Kandidaten im Grunde. Eine Software kann sie liefern, die automatisiert die eingehenden Bewerbungen scannt.
In kleinere Unternehmen könnte der Personalchef die Bewerber zwischenzeitlich auch selbst per Mail über den Prozess informieren. Wenn nun eine Bewerbungsabsage unumgänglich ist, sollten die Personaler in ihrem Absageschreiben unbedingt auf schädliche Floskeln (siehe oben) verzichten.
Zu diesen gehört übrigens auch die Phrase, dass man dem Kandidaten dessen Unterlagen “zur eigenen Entlastung” zurücksende. Diese kommt gar nicht gut an. Es wirkt auf viele Bewerber deprimierend, dass sie für das betreffende Unternehmen nichts als eine Last darstellten. Natürlich ist dieser Satz so gar nicht gemeint. Er stammt aus einer Zeit, als man schriftliche Bewerbungen obligatorisch zurücksandte und sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, dies versäumt zu haben. Man entlastete sich also mit der Rücksendung prophylaktisch von einem Vorwurf, das meint diese Formulierung. Niemand, der ab 1960 geboren wurde, weiß das noch. Daher gehört dieser Satz, der schon seit 20 Jahren antiquiert wirkt, aus dem Repertoire von Personalern gestrichen.
Die Formulierung der Absage selbst sollte höflich, sachlich und ehrlich erfolgen. Personalchefs müssen sich davor hüten, jemandem mangelnde Eignung zu bescheinigen, nur weil sie den wahren Absagegrund – die Lotterie unter 10 ausgezeichneten Kandidaten – nicht nennen wollen.
Mangelnde Eignung vorzuwerfen könnte sogar eine Klage des abgelehnten Bewerbers provozieren, die vielleicht keine Aussicht auf Erfolg hat (anders als Klagen wegen AGG-Verletzungen), aber auf jeden Fall unangenehm ist. Vor allem höflich und respektvoll muss die Absage erfolgen, außerdem sind negative Signalwörter wie “unglücklicherweise“, “leider“ oder „bedauerlicherweise“ zu vermeiden. Nicht zuletzt zeugt eine Absage per Post von einem gewissen Aufwand, der wiederum Respekt vor dem Kandidaten verrät.